Wer alle paar Minuten auf sein Smartphone schaut, um nachzusehen, ob nicht schon wer geantwortet hat, quält sich nur selber. Das hört sich übertrieben an, doch es entspricht der Realität. Immer mehr Smartphone-Nutzer scheinen geradezu besessen davon zu sein, ständig nachzuschauen, wie oft das gepostete Bild auf Facebook schon geliked wurde oder ob die WhatsApp-Nachricht bereits gelesen und im besten Fall beantwortet wurde.
Natürlich hat sich wahrscheinlich schon jeder Smartphone-Nutzer das ein oder andere Mal in dieser Situation wiedergefunden. Passiert dies aber ständig und bestimmt dieser Zwang den Alltag, dann hat man mit großer Wahrscheinlichkeit ein echtes Problem.
Der Mensch sucht Bestätigung. Innerhalb der Familie, im Alltag, auf der Arbeit. Das betrifft auch die digitale Welt. Diese Suche nach Bestätigung ist laut Forschern tief in uns verwurzelt und hat uns früher das Überleben gesichert. Früher, als der Urmensch noch in Grippen mitten in der Wildnis lebte. Er konnte alleine nicht überleben. Wurde ein Urmensch verstoßen, war seine Existenz gefährdet. Daher versuchte er sich anzupassen und zu gefallen und forderte dafür auch Bestätigung. Diese war sozusagen seine Lebensversicherung.
Anerkennung setzt im Gehirn Hormone wie Dopamin und Oxytocin frei, die wiederum positive Gefühle hervorrufen. Dieser Mechanismus sicherte das Überleben der Urmenschen. Auch heute gibt es ihn noch. So aktiviert ein Lob oder ein Lächeln das Belohnungszentrum im Gehirn. Dasselbe passiert bei digitaler Bestätigungen wie Likes, Kommentare oder Follower.
Das Fatale: Digitale Bestätigung ist messbar und vergleichbar. So wird auf den sozialen Netzwerken angezeigt, wieviele Likes und Follower ein Bild oder Kommentar bekommen hat. Vergleicht man das mit anderen Profilen bekommt man schnell einen Eindruck, wie hoch die eigene digitale Anerkennung ausfällt.
Fühlt man sich zu wenig wertgeschätzt im digitalen Raum, kann dies schnell zu Selbstzweifeln führen. Zudem laugt die Jagd nach Klicks, Likes und Antworten aus. Das wiederum macht einsam. So paradox das auch klingen mag. Doch bleibt die Kommentarfunktion leer, trifft das auch auf das eigene Selbstwertkonto zu. Dabei sollte man sein Selbstwertgefühl nicht daran messen, wie man von anderen Internet- oder WhatsApp-Nutzern bewertet oder eben nicht bewertet wird.
Wie gefährlich diese Besessenheit und Jagd nach Anerkennung sein kann, hat eine Studie der DAK und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen gezeigt, wo die Social-Media-Nutzung von Zwölf- bis 17-Jährigen in Deutschland untersucht wurde.
Das Ergebnis: Durch die intensive Nutzung von sozialen Medien entstehen gesundheitliche Probleme, die bis hin zur Depression führen können. Zudem manövriert man sich dadurch in eine soziale Isolation, die wiederum das Selbstwertgefühl sinken lässt und somit die Depression verstärk en kann. Ein wahrer Teufelskreis.
Um aus diesen Teufelskreis auszubrechen, bedarf es professioneller Hilfe von Seiten eines Psychologen oder Therapeuten. Ganz auf das Smartphone oder die sozialen Medien zu verzichten, ist hingegen auch nicht ratsam. Viele Kontakte erreicht man nur über diese Kanäle. Kappt man alle Leitungen, isoliert man sich abermals – wenn auch auf eine andere Art und Weise.
Zudem haben WhatsApp, Facebook und Co. laut Experten auch positive Auswirkungen. "Aus entwicklungspsychologischer Sicht sind soziale Netzwerke für die Identitätsentwicklung der meisten jungen Menschen dienlich. Viele Jugendliche profitieren in ihrer Identitätsentwicklung davon, in kürzester Zeit verschiedene Selbstdarstellungen auszuprobieren und darauf entsprechende Rückmeldung von der Internetgemeinschaft zu erhalten", erklärt Rainer Thomasius, Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie und ärztlicher Leiter des DZSKJ. In diesem virtuellen Raum würden – ähnlich wie in einer Gruppe von Gleichaltrigen oder in einer Schulklasse – Begegnungen und damit Annäherung, Distanzierung, Fürsorge und Autarkie spielerisch erprobt.